Thema: PPP-Röhrenverstärker


 

Mitte der 1950er Jahre wurde ein Röhrenverstärkerkonzept vorgestellt, bei dem die Endröhren im Gegensatz zum klassischen Gegentaktverstärker für Wechselspannung parallel und für die Anodenspannung in Reihe liegen. Durch diese Parallelschaltung sinkt der Innenwiderstand der Endstufe auf ein Viertel des Wertes der klassischen Schaltung. Bei zwei Röhren EL 34 also auf rund 900 Ohm. Deshalb kommt der Ausgangsübertrager mit weniger Windungen aus. Da er außerdem gleichstromfrei betrieben wird, ist der Einsatz eines Sparübertragers mit einer einzigen durchgehenden Wicklung möglich. Es ergibt sich eine weitere Reduzierung des sonst erforderlichen Drahtes. Mit zwei EL 34 ergibt sich eine Leistung von 20 Watt. 

Anstelle der EL 34 lassen sich auch vier EL 84 einsetzen, wodurch sich eine Leistung von 30 Watt ergibt.

 

In der Zeitschrift Funkschau wurden zu dem Thema mehrere Entwürfe vorgestellt. So der Entwurf mit 2 EL34 als Endröhren (Heft 2/1957) von Fritz Kühne. Die Änderungen für den Betrieb mit 2 EL84 wurden in Heft 5/1957 beschrieben.

Außerdem wurde ein Kinoverstärker, der ebenfalls nach dem PPP-Prinzip arbeitet in Heft 9/1960 vorgestellt, der wieder mit 2 EL34 als Endröhren arbeitet. Hier wird der Begriff Circlotron verwendet, der im der englisch-sprachigen Raum für dieses Prinzip verwendet wird. Es ist ein Markenname der Firma Electro Voice, die in den 1950er und 1960er Jahren mehrere Verstärkermodelle nach diesem Prinzip anboten.

 

Das Thema PPP-Verstärker wurde dann 1987 (Heft 24) in der Funkschau noch einmal aufgegriffen, wobei als Endröhren vier EL84 verwendet wurden, wodurch die Leistung von 2 EL34 erreicht wird. Der Entwurf ist im Wesentlichen mit der Schaltung von Kühne (2/1957) identisch. Er verwendet allerdings eine Platine. Die Bauteile-Anordnung auf der Platine und die Übertragerdaten der Stückliste deuten darauf hin , daß es sich um eine Bearbeitung von Helmut Becker (Audiovalve) handelt. Jedenfalls findet sich auch auf der Internetseite von Audiovalve eine Schaltung eine 35W-PPP datiert auf Februar 1990, die bis auf die Bauteilewerte der Gegenkopplung mit der Funkschauveröffentlichung identisch ist, inkl. der fehlerhaften Beschriftung der unteren Treiberröhre. Die Firma Audiovalve verkauft auch heute noch Röhren-Endverstärker nach dem PPP-Prinzip (Challenger Modelle).

 

Im Jahr 2001 wurde in der Zeitschrift Elektor (Mai-Ausgabe) eine von Gerhard Haas entwickelte PPP-Endstufe vorgestellt, die mit 2 EL34 (40 Watt) oder 2 KT88 (50 Watt) Endröhren bestückt werden konnte. Im Gegensatz zur Schaltung von Kühne wird hier eine ECC81 in der zweiten Stufe verwendet, die die Endröhren niederohmiger ansteuern kann. Außerdem wird die Vorspannung der Endröhren nicht automatisch über die Katodenwiderstände erzeugt, sondern mit Hilfe einer negativen Hilfsspannung, die für jede Endröhre einstellbar ist. Der bei Experience electronics erhältliche Ausgangsübertrager (MD 74 Kern) hat eine separate Sekundärwicklung und eine Primär-Impedanz von 740 Ohm (lt. Kühne rd. 900 Ohm). Selbstverständlich auch hier der Aufbau mit Platinen.

 

In den genannten Funkschau-Veröffentlichungen werden als Ausgangsübertrager Spartransformatoren eingesetzt. Allerdings hält sich die angeführte Einsparung einer separaten Sekundärwicklung in Grenzen.

Bei einem 30 Watt-Verstärker (2 x EL34 oder 4 x EL84) spart man bei Verzicht auf den 15 Ohm-Ausgang nur 10% des dünneren Drahtes der Primärwicklung. Außerdem ist zu beachten, dass wegen des Übersetzungsverhältnisses ein Großteil der Leistung (90 % bei 8 Ohm, 93 % bei 4 Ohm) induktiv übertragen wird. Es handelt sich also nicht um eine Art induktivem Spannungsteiler.

Die Anforderungen an den Wicklungsaufbau sind also die gleichen wie bei einem PP-Übertrager (bei gegenüber diesem niedrigerer Windungszahl), um einen großen Übertragungsbereich zu erzielen. Der Vorteil des PPP-Übertragers gegenüber dem PP-Übertrager liegt in der insgesamt geringeren Windungszahl.

 

Beim Selbstbau ist nach meinen Erfahrungen folgendes zu beachten:

-         Die Schaltung ist tatsächlich auch mit der Einweg-Gleichrichtung ziemlich brummarm. Da die Brummunterdrückung jedoch aktiv über die Gegenkopplung arbeitet, merkt man dies erst, wenn die Schaltung inklusive der Vorröhren komplett aktiv ist.

-         Trotz schneller Gleichrichter-Dioden sollte man an Entstörkomponenten nicht sparen (Kondensatoren über den Gleichrichter-Dioden sowie RC-Kombination über den Sekundär-Wicklungen des Netztransformators; Spannungsfestigkeit beachten). Sonst brummt es zwar nicht, aber es kann ein hochfrequentes Sirren hörbar bleiben.

-         Die Rückkopplung sollte am Lautsprecheranschluss abgegriffen werden, nicht am Primäranschluss des Übertragers.

-         Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der beiden Kondensatoren an der Anode der ersten Röhre (nach Masse oder über dem Anodenwiderstand) zur Schwingungsunterdrückung bzw. über dem Gegenkopplungswiderstand zu stärkeren Gegenkopplung (Verstärkungsreduzierung) bei hohen Frequenzen.

Man kann die Schaltung zunächst ohne diese Kondensatoren nur mit dem Gegenkopplungswiderstand in Betrieb nehmen. Dabei sollte man einen Festwiderstand von z.B. 470 KOhm und dazu parallel einen Trimmwiderstand von z.B. 1 MOhm verwenden.

Am Verstärkereingang wird ein Tongenerator, am Ausgang ein Lastwiderstand und ein Oszilloskop angeschlossen.

Bei 1 KHz Sinus kann man nun den Verstärkungsfaktor der Schaltung prüfen und durch Verringerung des Widerstandes des Trimmers die Verstärkung auf die gewünschte Eingangsempfindlichkeit reduzieren. Dabei wird die Schaltung vermutlich irgendwann anfangen zu schwingen (dem 1 KHz-Signal ist eine hochfrequente Schwingung überlagert). Durch Einfügen eines Kondensators (z.B. 40 – 50 pF)  kann dies unterdrückt werden. Dabei sollte ein möglichst kleiner Wert verwendet werden, um die Schwingung gerade zu unterdrücken. Bei weiterer Reduzierung der Verstärkung (kleinerer Widerstandswert des Gegenkopplungs-Trimmers) kann eine Erhöhung des Kondensatorwertes erforderlich sein. Ist die gewünschte Verstärkung eingestellt, erhöht man die Frequenz des Eingangssignals.

Beim Durchstimmen des Tongenerators (Sinus) wird man dann feststellen, dass die Ausgangsamplitude zu hohen Frequenzen hin ansteigt.

Durch einen kleinen Kondensatorwert (z.B. 5 – 10 pF) parallel zum Rückkopplungswiderstand, läßt sich dies verhindern.

Für die genaue Einstellung (Optimierung) ist es zweckmäßig, für die beiden Kondensatoren jeweils Trimmkondensatoren zu verwenden bzw. einem Festkondensator einen Trimmer parallel zu schalten.

Für die Feineinstellung gibt man ein Rechtecksignal von z.B. 10 KHz auf den Verstärkereingang und stellt mit den Trimmkondensatoren ein optimales Rechteckverhalten ein. Hat man ein entsprechendes Messgerät, lassen sich die Trimmer anschließend auch durch entsprechende Festkondensatoren ersetzen.

 

 

 


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Letzte Änderung: 17.06.2016